Wie können wir das Rentenproblem lösen?

In diesem Kapitel schauen wir uns zuerst an, wie andere Länder das Rentenproblem gelöst haben. Anschließend stelle ich ein mögliches System für Deutschland vor.

Kann es überhaupt eine politische Lösung geben? Natürlich. Andere Länder machen es uns seit Langem vor; selbst unsere unmittelbaren Nachbarn haben erfolgreiche Rentenmodelle geschaffen. Warum sollte das nicht auch uns gelingen?

Wir sind sehr weit zurück

Keines der von mir untersuchten Länder steht auch nur annähernd so schlecht da wie Deutschland. Warum? Nun, es scheint eine deutsche Eigenart zu sein, sich zu stark auf den Staat zu verlassen.
Wir bauen fast ausschließlich auf die staatliche Rente: 85 Prozent unserer gesamten Altersversorgung soll aus der staatlichen Rentenkasse kommen; nur 5 Prozent aus betrieblicher Altersversorgung und lediglich 10 Prozent aus privater Vorsorge.
Sie werden gleich sehen: Andere Nationen zeigen eine ganz andere Verteilung. Dort wollen die Menschen ihr Schicksal auf keinen Fall fast ausschließlich in die Hände ihrer Regierungen legen. Somit sind sie intelligenter vorgegangen. Denn ganz gleich, wie gut und wie ehrlich ein Staat sein mag, es ist immer schlauer, das Risiko zu verteilen.
Risikostreuung ist ein Grundgebot finanzieller Intelligenz. Auf drei starken Beinen steht ein Tisch besser als auf einem.
Der Renten-Tisch der meisten Deutschen balanciert nur auf einem einzigen Bein; und das löst sich gerade auf.

Die Erfahrung anderer nutzen

Wir müssen gar nichts erfinden; wir könnten uns sehr viel abschauen. Dazu brauchen wir nur über den Tellerrand schauen. Aber wir sind sehr spät dran; wir haben wertvolle Jahre vergeudet.
Statt zu handeln, haben unsere Politiker immer wieder gelogen. Damit haben sie viele Menschen – besonders die über 50-Jährigen – um die Chance gebracht, die Zeit für sich arbeiten zu lassen. Wir können zwar noch umstellen, und wir müssen es schnell tun. Aber
viele Bürger in unserem Land werden aufgrund der verlorenen Jahre nicht so gut dastehen wie die anderer Nationen. Je länger wir zuwarten, umso dramatischer wird die Lage.
Es ist also Eile geboten. Und was wird getan? Leider passiert genau dasselbe, was in den vergangenen Jahren geschah: zu wenig Information und zu viel Demagogie. Jetzt liegen wir im Vergleich mit anderen Ländern weit zurück. Darum müssen wir privat mehr tun als
andere.
Nun zu vier konkreten Beispielen und dem, was wir aus ihnen lernen können:

Das Drei-Säulen-System der Schweiz

Ein Schweizer erhält nur 42 Prozent seiner Altersrente aus der staatlichen Rentenkasse. Das ist weniger als die Hälfte des deutschen Modells. Dafür zahlt er auch nur 9 Prozent seines Einkommens in die AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung). Die Hälfte davon
zahlt der Arbeitnehmer. Die Belastung ist damit viel geringer als in Deutschland (bei uns beträgt sie fast 20 Prozent); aber es funktioniert, weil alle in die AHV einzahlen müssen, auch Beamte und Selbstständige, und weil es keine Beitragsbemessungsgrenze gibt.
Solidarischer kann ein System kaum sein: Es wird automatisch von oben nach unten umverteilt. Es zeigt: Wenn endlich alle Ausnahmen und Schlupflöcher abgeschafft werden, können die Abgaben gesenkt werden, und es ist trotzdem genug Geld vorhanden.
Weitere 32 Prozent der Schweizer Altersrente kommen über eine betriebliche Altersversorgung zustande. Und das geht so: Jeder Arbeitnehmer muss 4 bis 5 Prozent in BVG (berufliche Vorsorge) einzahlen. Allerdings erst ab einem Mindesteinkommen von 24 000 Franken. Zusammen betragen die Rentenversicherungsbeiträge der Schweizer also nur 13 bis 14 Prozent, die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen.

Das Geld wird angelegt und kann sich vermehren (Kapitaldeckung). Wobei ein Mindestzins von 4 Prozent p.a. auf das angelegte Kapital garantiert ist. Das System ist sehr flexibel: Bis zu 50 Prozent dieses Kapitals können auch für eine Immobilienfinanzierung verwendet
werden.
Zudem kommen weitere 26 Prozent aus privater Vorsorge. Diese dritte Säule ist freiwillig, wird aber steuerlich gefördert (bis zu 6000 Franken pro Jahr)! Selbstständige können bis zu 28 000 Franken pro Jahr steuerfrei anlegen.
Während in Deutschland nur 15 Prozent aus den beiden Säulen betriebliche Altersversorgung und private Vorsorge kommen, sind es in der Schweiz zusammen 58 Prozent. Das ist fast viermal so viel. Den Schweizern wird es einmal viel besser gehen als uns. Und es geht ihnen jetzt schon besser: Sie zahlen weniger Rentenversicherungsbeiträge und weniger Steuern …

Das Prinzip der Eigenvorsorge in den USA

Wenn ein deutscher Politiker sich in einer Talkshow in die Enge getrieben sieht, dann zieht er seine letzte Trumpfkarte und fragt: »Wollen Sie etwa Verhältnisse wie in den USA?« Oh nein. Das wollen wir nicht. Oder doch?
In den USA hat der Gesetzgeber durch Steueranreize ebenfalls eine erfolgreiche Voraussetzung geschaffen: Nur 45 Prozent der Rente kommen vom Staat, 13 Prozent über betriebliche Altersversorgung und 42 Prozent über private Vorsorge. Es sparen also sehr viele Menschen privat. Warum? Es gibt dafür vor allem zwei Gründe: Erstens sparen sie viel, weil sie große Beträge netto auf die Seite legen können.
Das Beispiel USA zeigt: Wenn ein Staat seine Bürger dazu auffordert, sich um ihre Altersversorgung selbst zu kümmern, dann müssen die Sparraten dafür komplett steuerfrei gestellt werden. Unsere Riester-Rente und auch die Rürup-Rente gehen in diese Richtung. Dazu mehr in Kapitel 12.
Noch ist es ein halbherziger Kompromiss, ein Alibi-Gebilde: Es erlaubt unseren Politikern zu sagen: »Seht her, wir haben euch eine fantastische Möglichkeit geschaffen!« Obwohl nur ein relativ geringer Teil der Bevölkerung eine Riester- oder Rürup-Rente abgeschlossen hat, wird sie fest einkalkuliert, wenn es darum geht, das zukünftige Rentenniveau zu berechnen.
Der zweite Grund, warum die US-Amerikaner privat derart gut vorsorgen, liegt darin, dass ihnen das Prinzip der Eigenverantwortung von frühester Kindheit an beigebracht wird. Es wird ständig und überall darüber gesprochen. Immer und immer wieder werden
sie über ihre Möglichkeiten informiert, Steuern zu sparen. Ich wohne im Winter in Florida und kenne die USA darum gut: Ich kenne fast niemanden in den USA, der dies nicht nutzt.
Zudem werden die USA vergleichsweise kaum demografische Probleme bekommen. Auch vielen US-Amerikanern wird es also viel besser gehen als uns. Allerdings halte ich das amerikanische System nicht für eins zu eins übertragbar. Die Unterschiede sind einfach zu
groß.

Das Kapitaldeckungsverfahren in Chile

Chile hat wirklichen Mut bewiesen: Es hat sein Rentensystem bereits 1981 komplett auf Kapitaldeckung umgestellt. Das heißt: Jeder Chilene sorgt ausschließlich für sich. Er muss 10 Prozent seines Bruttoeinkommens in eine Fondsgesellschaft seiner Wahl einzahlen.
Wer vor dem 65. Lebensjahr (Frauen 60. Lebensjahr) in Rente gehen will oder eine höhere Rente erhalten will, muss und darf mehr einzahlen.
Die Fonds stehen miteinander im Wettbewerb und werden staatlich kontrolliert. Auch dieses System funktioniert ausgezeichnet. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens weiß jeder Chilene, dass er nur etwas haben wird, wenn er selbst dafür sorgt. Und zweitens hat er gar
keine andere Wahl. Er muss.
Jeder Bürger kommt auf diese Weise zu einer soliden Altersrente. Das chilenische System zeigt: Das Kapitaldeckungsverfahren funktioniert, wenn es für alle obligatorisch ist. Und es ist dem Umlageverfahren weit überlegen, weil die Rente höher ausfallen muss.
Die beiden Vorteile der Kapitaldeckung sind leicht ersichtlich: Jeder bekommt, was er selbst angespart hat; das erhöht die Motivation. Der zweite Grund ist der entscheidende: Sein Geld kann viele Jahre für ihn arbeiten. Auf diese Weise erhält er viel mehr zurück, als
er in die Fonds eingezahlt hat. Daher muss die Rente höher ausfallen als beim Umlageverfahren.
Solch ein Vorgehen kann nicht unsozial sein, auch wenn die Gegner der Kapitaldeckung dies immer wieder behaupten. Ich will Ihnen sagen, was meines Erachtens tatsächlich unsozial ist:

  • Unsozial ist es meines Erachtens, jedem Einzelnen sehr viel wegzunehmen und die Gelder dann so umzuverteilen, dass viele Menschen zu wenig bekommen, um würdevoll zu leben.
  • Des Weiteren ist es unsozial, unseren Arbeitnehmern so viel wegzunehmen, dass viele nicht mehr ausreichend für sich selbst sorgen können.
  • Und es ist unsozial, das gesamte eingesammelte Geld sofort wieder zu verteilen. Auf diese Weise kann es nicht für Sie arbeiten und sich nicht vermehren.
  • Unsozial ist es, dieses System dann als weiterhin sicher darzustellen, wie es Teile unserer Regierung auch heute noch tun, obwohl das Gegenteil bekannt ist.
  • Und hochgradig unehrlich ist es, unser sinkendes Renten-Schiff als allen anderen überlegen darzustellen.

Warum führen wir ein solches System nicht auch bei uns ein? Es scheitert gleich an mehreren Gründen: Einige sagen, man könne niemanden zwingen. Ein interessanter Standpunkt. Steuern zahlen wir schließlich auch nicht freiwillig. Man darf uns also zwingen, Geld für ein staatliches System zu zahlen, aber nicht, für uns selbst zu sorgen?
Diese Logik verstehe, wer will.
Zweitens wird behauptet, man wisse nicht, wie wir während der Umstellung die heutigen Rentner finanzieren sollen. Vielleicht sollte man die Antwort bei den Chilenen suchen. Schließlich standen die vor dem gleichen Problem. Vor allem sollte die Umstellung zeitnah
erfolgen. Je länger wir warten, umso größer wird das Problem und umso schwieriger die Umstellung.

Betriebliche Altersversorgung in Holland

Die Niederländer erhalten ab dem 65. Lebensjahr alle eine einheitliche Grundrente in Höhe von 70 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns. Diese staatliche Rente macht aber maximal 50 Prozent ihrer Altersversorgung aus. Damit ist auch in den Niederlanden das Risiko
verteilt; man ist nicht vom Staat abhängig. Abhängigkeiten sind grundsätzlich nicht erstrebenswert.
Weitere 40 Prozent stammen aus betrieblichen Versorgungseinrichtungen und aus branchengebundenen Pensionskassen. Diese können bei 70 Prozent des letzten Lohns liegen. Die Beiträge teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dabei gelten die immensen Vorteile des Kapitaldeckungsverfahrens. Jeder spart für sich und das Geld kann sich über viele Jahre hinweg vermehren. Oft vervielfacht es sich.
Seit 1998 besteht darüber hinaus die Möglichkeit, sich diesen Teil der Altersversorgung schneller aufzubauen. Der Arbeitnehmer kann dies mit Beiträgen tun, die nicht versteuert werden.
Wer früher in den Ruhestand gehen möchte, der kann dies in dem Moment tun, in dem er die 70 Prozent erreicht hat, frühestens jedoch nach 35 Arbeitsjahren. Ansonsten ist dies erst nach 40 Jahren möglich. Das nenne ich vorausschauende Politik.
Das Interessante am niederländischen System ist: Obwohl keine Firma verpflichtet ist, diese betriebliche Rente aufzubauen, sind trotzdem über 90 Prozent der Arbeitnehmer in einer betrieblichen Altersvorsorge. Es zeigt: Bürger sind sehr wohl bereit, für sich zu sorgen, wenn man sie nicht belügt, sondern sie ehrlich informiert und wenn man ihnen einen gangbaren Weg zeigt, den man mit Anreizen versieht.

Die nächste Generation wird rebellieren

Sie sehen deutlich: Unser Rentensystem hält einem internationalen Vergleich nicht stand. Wir sind zu sehr abhängig von der staatlichen Rente. Unser Umlageverfahren funktioniert nicht mehr – vor allem aufgrund von drei Faktoren, die entweder falsch eingeschätzt oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden: die hohe Arbeitslosigkeit, die Lohnentwicklung
und der starke Geburtenrückgang.
Wenn die Regierungen sich bei einem dieser drei Faktoren verschätzt hätten, so wäre das schon schlimm gewesen. Aber sie haben sich leider bei allen dreien immer wieder verschätzt – oder wollten die Wahrheit nicht sehen. Die Folgen sind entsprechend verheerend.
Die ganze Katastrophe ist heute noch nicht klar sichtbar. Denn den heutigen Rentnern geht es vergleichsweise gut. Aber das wird sich in spätestens 15 Jahren ändern. Wenn wir nicht sofort handeln, wird Altersarmut zu einem festen Teil unserer Wirklichkeit werden. Das
heißt: Die nächste Generation wird Tag für Tag an unserem Beispiel erleben, wie wenig das Rentensystem funktioniert.
Was glauben Sie, wie die Jungen auf unsere Probleme reagieren werden? Insbesondere, wenn sie verstehen, dass ihre Probleme noch größer werden, wenn das System nicht geändert wird? Ganz einfach: Sie werden sich weigern, weiterhin in ein System einzuzahlen, das ihnen nichts als Altersarmut bieten kann.
Es ist eine Sache, an einem Pyramiden-Spiel teilzunehmen, solange es noch zu funktionieren scheint, das heißt, solange die Auszahlungen in einer akzeptablen Größenordnung sind. Ganz anders sieht es aus, wenn es offensichtlich ist, dass es nicht mehr funktioniert. Wenn niemand eine menschenwürdige Rente vom Staat erhält – warum
um alles in der Welt sollten die Jungen dann weiterhin in dieses System einzahlen? Man muss kein Prophet sein, um zu wissen: Die nächste Generation wird ein System boykottieren, das alleine auf einem Umlageverfahren aufbaut.
Sie werden darauf bestehen, dass wenigstens ein Teil ihrer Rentenversicherungsbeiträge
für sie selbst verwendet wird. Sie werden dem Umlagesystem den Gehorsam verweigern. Wer will es ihnen verübeln? Damit gerät aber unsere ohnehin erbärmliche Rente noch
weiter in Gefahr …

Ein Sandwich-System für Deutschland

Wie kann also eine konkrete Lösung aussehen? Drei der oben genannten Systeme könnten bei uns funktionieren. Aber alle bringen auch Nachteile mit sich. Wahrscheinlich eignet sich darum für uns in Deutschland am ehesten ein Mix aus den beschriebenen Systemen.
Das sogenannte slowakische »Cappuccino-Modell« stellt einen solchen Mix dar: Grundsubstanz durch Umlagerente, Kalorien durch Betriebsrenten, private Lebensversicherungen als Schokoladenstreusel obendrauf.
Der Ansatz scheint mir nicht schlecht. Nur dass wir in Deutschland meines Erachtens nicht einen, sondern zwei feste Böden bräuchten. Auf unsere Verhältnisse übertragen könnte ich mir ein Sandwich-Prinzip vorstellen:

  1. Den unteren festen Boden bildet eine minimale Grundrente. Sie sollte für alle gleich hoch sein. Alle, wirklich alle, würden einen geringen Beitrag dafür zahlen (umlagenfinanziert), der nicht über 10 Prozent ausmachen sollte. Wenn die Beitragsbemessungsgrenze entfällt, sollte ausreichend Geld für eine einheitliche Grundrente zusammenkommen.
  2. Für die zweite Schicht, den Aufstrich, stelle ich mir eine freiwillige betriebliche Altersvorsorge vor. Die Beiträge hierfür sollten steuerund sozialabgabenfrei sein und eventuell vom Arbeitgeber mit einem zusätzlichen Anteil versehen werden können. Dieser Anteil könnte durchaus leistungsabhängig sein. Es sollte hierbei  Kapitaldeckung gelten, das heißt, es handelt sich dabei um das Geld des Einzelnen, das auch noch gewinnbringend angelegt werden kann. Hier könnten sich zum Beispiel Garantiefonds unter staatlicher Aufsicht anbieten.
  3. Das Sandwich wird auch nach oben abgeschlossen von einem zweiten festen Boden: Das heißt, auch dieser Teil ist Pflicht. Jeder sollte ab einem Jahreseinkommen von 15 000 Euro einen festen Prozentsatz von zum Beispiel 10 Prozent für sich sparen müssen. Dieser Betrag sollte auch vom Bruttoverdienst entrichtet werden, also steuer- und sozialabgabenfrei sein. Die Arbeitgeber würden auch hiervon die Hälfte tragen. Die Gelder sollten zur Hälfte mündelsicher angelegt werden, zum Beispiel in Versicherungen. Die andere Hälfte könnte in Fonds investiert werden, wenn der Anleger dies wünscht. Auch diese Fonds sollten unter staatlicher Aufsicht stehen.
    Ansparverträge müssten bei Arbeitslosigkeit jederzeit ohne finanzielle Nachteile unterbrochen werden können.

Das Sandwich-Modell würde nicht mehr kosten …

Klingt das für Sie machbar? Der Durchschnittsverdiener müsste keine höheren Beiträge zahlen, er würde aber erheblich mehr herausbekommen.
Die heutigen Beiträge zur Rentenversicherung betragen fast 20 Prozent. Diese Beiträge würden in dem beschriebenen Sandwich-System geteilt. Die eine Hälfte von 10 Prozent würde für die staatliche Minimalrente verwandt; die andere Hälfte von 10 Prozent würde
jeder Einzelne für sich selbst ansparen müssen. Die Beiträge ändern sich demnach für durchschnittliche Einkommen in ihrer Höhe nicht. Ebenso würden sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie bisher die Beiträge teilen.
Aber das Ergebnis wäre für den Einzelnen ungleich besser. Betrachten wir nun die Vorteile:

  • Der erste Vorteil: Es gibt eine sichere minimale Grundrente und die ist für alle gleich hoch. Ein Mindestmaß an staatlicher Hilfe und sozialer Gleichheit ist somit gewährleistet. Dabei sollten wir nicht vergessen: Für mehr wird ohnehin kein Geld in den Kassen sein.
  • Der zweite Vorteil: Einen weiteren Teil kann der Einzelne weitgehend selbst bestimmen, er ist freiwillig. Dadurch hat jeder die Möglichkeit, die Höhe seiner Rente erheblich mitzubestimmen – oder aber, sich früher pensionieren zu lassen. Alles andere wäre kritisch: In einem freien Land muss es möglich sein, das Rentenalter
    und auch die Rentenhöhe zumindest teilweise selbst zu bestimmen. Dieses Geld kann für Sie arbeiten. Relativ geringe Beiträge können so zu beachtlichen Summen anwachsen.
  • Der dritte Vorteil: Der letzte Teil ist wieder fest; aber dabei handelt es sich um das Geld des Einzelnen, das sich zudem vermehren kann. Die Voraussetzung für den zweiten und dritten Teil ist, dass jemand Arbeit hat. Arbeitslosigkeit wird somit mehr zu einem individuellen Problem und trägt nicht so stark zum Kollaps des ganzen Systems bei. Die Motivation wächst, sich Arbeit zu suchen.

Ist das realistisch?

Leider entscheiden Menschen über Ihre Altersrente, die selbst keine brauchen. Abgeordnete erhalten nach 23 Jahren Tätigkeit eine sichere (!) Pension in Höhe von über 5000 Euro monatlich. Angestellte mit durchschnittlichem Gehalt »erhalten« nach vollen 45 Jahren lediglich 1176 Euro Rente – und die ist alles andere als sicher. Für die Politiker selbst ergibt sich kein Handlungsbedarf.
Was glauben Sie, wie die Politiker aus ihren gesicherten Positionen heraus über dringend nötige Eigenvorsorge denken? Im Alterssicherungsbericht der rot-grünen Bundesregierung steht dazu: » Der Aufbau einer kapitalgedeckten zusätzlichen Altersvorsorge … ist im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Auswirkung nicht erstrebenswert.«
Das schlägt dem Fass den Boden aus. Wie ist eine solche Aussage zu verstehen? Fürchtet die Politik derartig einen Machtverlust, dass sie Altersarmut bewusst in Kauf nimmt? Ich finde, so viel Ignoranz ist kaum erträglich.
Darum habe ich leider nicht übermäßig viel Hoffnung, dass sich das Sandwich-Modell bei uns umsetzen lassen wird. Denn bereits die erste Schicht, der feste Boden der Grundrente, würde nur funktionieren, wenn ähnliche Voraussetzungen wie in der Schweiz geschaffen
würden: Ausnahmslos jeder zahlt Beiträge (also auch Selbstständige, Freiberufler und Beamte) und es gibt keine Beitragsbemessungsgrenze.
Das wiederum ist nur zumutbar, wenn auf der anderen Seite die Steuerlast entsprechend sinkt. Die Belastung darf insgesamt nicht  höher sein, als sie es heute bereits ist. Ob die Politik dies wird umsetzen wollen? Wohl eher nicht. Leider.
Auch kann ich mir vorstellen, dass einige Politiker in dem Sandwich-Modell zu wenig soziale Gerechtigkeit erkennen. Um es deutlich zu sagen: Ein solches System ist insgesamt viel fairer. Und es ist machbar.
Franz Müntefering sagt bereits 2006: »Wir haben ein Problem damit, dass der Unterschied zwischen denen, die vorsorgen, und denen, die das nicht tun, immer größer wird.« Diese Sorge teile ich voll und ganz. Leider wird die Schere zwischen Arm und Reich größer
werden. Viel größer.
Aber die Konsequenz aus dieser Erkenntnis darf nicht lauten: Wenn nicht alle eine höhere Rente erhalten können, dann lieber niemand. Aber genau so scheinen einige Politiker zu denken; zumindest weiß ich das krampfhafte Festhalten an einem übergewichteten Umlageverfahren nicht anders zu interpretieren. Richtig wäre doch, bessere Rahmenbedingungen für die Ärmeren zu schaffen: eben das Sandwich-Modell.

Rendite statt Rente

Um das Sandwich-Modell umzusetzen, müssten also die Steuern gesenkt werden und der Begriff der sozialen Gerechtigkeit neu definiert werden. Beides ist im Moment nicht sehr wahrscheinlich. Wir sollten uns nicht auf Politiker verlassen. So wie viele Regierende mit
Geld umgehen, würden sie jede private Firma bald in den Konkurs treiben. Niemand kann auf Dauer ungestraft Schulden machen – auch ein Land nicht. Und niemand sollte sich auf einen Staat verlassen, der so verschuldet ist wie Deutschland.